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Sira Teil 18: Die Grabenschlacht


Abu Sufian will’s noch mal wissen

In den Monaten nach Uhud und Banu Nadhir fanden immer wieder Scharmützel und kleine Razzien gegen angriffslustige und räuberische arabische Beduinenstämme der Umgebung statt. Aber die Hauptfront war immer noch die mit den Mekkanern. Abu Sufian hatte nach Uhud noch auf dem Schlachtfeld einen „Folgetermin“ in Jahresfrist ausgerufen. Sie marschierten dann tatsächlich im Monat Schaaban 4 n.H. mit einer Truppe von zweitausend Mann auf Medina zu. Die Muslime rückten ebenfalls aus und positionierten sich bei Badr. Die Koraisch machten aber auf halbem Wege kehrt und der Zusammenstoß blieb aus. Vielleicht hatte Abu Sufian eingesehen, dass die Siegesschancen für die Muslime eher besser standen als für sie selbst. Hatten sie nicht bei Badr einen überragenden Sieg gegen das hochgerüstete Heer der Mekkaner errungen und sie auch bei Uhud zunächst sicher in die Flucht geschlagen? Da war es vielleicht doch besser, den Ruhm von Uhud und das Machtgleichgewicht nicht aufs Spiel zu setzen. Danach folgten einstweilen auch keine Kriegsvorbereitungen mehr. Das Kriegsbeil zwischen Mekka und Medina schien einige Monate lang begraben zu sein.

Das Schicksal des Islam soll besiegelt werden

Die Anführer der Juden von Banu Nadhir hatten sich hingegen mit ihrem Schicksal im Exil von Khaibar und dem offenkundigen Aufstieg des Islam nicht abgefunden. Sie setzten unter der Federführung von Huyay bin Akhtab alle ihre diplomatischen Künste ein, um eine Allianz aus den Feinden von Medina zu schmieden. Sie konnten die Koraisch und die Beduinenstämme des Najd für ihren Plan schnell gewinnen, würden sich diesmal doch endlich alle Verteidiger der bestehenden Ordnung endlich in ihrem Kampf verbünden, statt wie bisher einzeln gegen diese ungewöhnliche Macht zu kämpfen. Am Ende konnten sie eine Armee von mehr als 10.000 Kriegern mobilisieren. Das war eine so große Übermacht, dass sie sich des Sieges sicher waren. Die Muslime könnten sich zwar wehren, aber mit ihren höchstens 3.000 Kriegern würden sie sicher bald unterliegen. Die Angreifer könnten die Stadt einnehmen und die Religion Muhammads ein für allemal ausmerzen.

Für die Koraisch würde der gemeinsame Sieg ihre herausragende Rolle und ihr angeschlagenes Ansehen als Führungsmacht in Arabien wiederherstellen. Für die Banu Nadhir, die nicht selbst militärisch an der Unternehmung teilnehmen wollten, war dies der Weg zurück aus der Verbannung in ihr angestammtes Stadtviertel. Die anderen arabischen Stämme, vor allem die Stämme der Ghatafan aus der Region des Najd östlich von Medina und Mekka, sahen hierin ebenfalls eine Gelegenheit, die Etablierung der neuen Großmacht zu verhindern und sich zudem die fruchtbaren Ländereien von Medina anzueignen. Der Gang der Geschichte der arabischen Halbinsel hin zum sicheren Ende einer kurzen Episode schien aus der Sicht der Angreifer unaufhaltbar.

Die rettende Idee aus Persien

In Medina beriet sich der Prophet gleich nach Eintreffen der Nachricht vom Anrücken der feindlichen Heere mit seinen Gefährten. Unter ihnen war auch Salman, jener Perser, der in seiner Heimat aufgebrochen war, um nach der wahren Religion zu suchen. Die Muslime hatten bald nach der Ankunft des Propheten aus Mekka von seinem Dienstherrn aus den Banu Nadhir freigekauft. Nun machte er den Vorschlag, so vorzugehen, wie die Perser in so einem Fall vorgegangen wären: einen Graben vor der Stadt auszuheben, der die Angreifer vor dem Eindringen zurückhalten würde. Für Arabien war dies eine bislang unbekannte Innovation. Die Muslime folgten seinem Rat und alle, auch der Prophet, Gottes Segen und Frieden über ihn, fingen gleich mit der mühsamen Arbeit an. Der Graben musste schnell ausgehoben werden, denn die feindlichen Heere waren schon unterwegs.

Medina hatte die günstige Lage, im Osten, Süden und Westen von Bergen und Palmenhainen eingeschlossen zu sein. Die einzige offene Flanke war der nördliche Zugang, so dass es reichte, den Graben dort auszuheben. Im Südosten am Fuße des Berges lag auch ein möglicher Zugang, dort befand sich jedoch die Siedlung des jüdischen Stammes der Banu Quraida. Sie waren an ihren Vertrag mit den Muslimen gebunden und hatten bisher auch keine Anzeichen gemacht, vertragsbrüchig zu werden. Jedenfalls kann man aus dem Geschehen schließen, dass die Muslime ihnen voll vertrauten.

"Allah und Sein Gesandter haben uns nur Trug versprochen."

Der Graben war rechtzeitig ausgehoben worden, als das Heer der Koraisch mit 4.000 Mann im Monat Schuwal des Jahres 5 n.H. (Februar 627) ankam. Sie stationierten sich nordwestlich von Medina. Kurz nach ihnen trafen die Ghatafan mit einem Heer von 6.000 Mann ein und schlugen ihr Lager nordöstlich von Medina auf. Mit dem Graben hatten sie jedoch nicht gerechnet und er warf sie aus dem Konzept. Sie konnten außer einigen Scharmützeln nichts unternehmen. Nur ein paar Reitern gelang es, ihn zu überwinden, aber sie wurden entweder getötet oder mussten fliehen, ohne etwas zu erreichen.

Es blieb den Koraisch und ihren Verbündeten nur die Belagerung. Nach einigen Wochen gingen den Muslimen tatsächlich die Vorräte aus und die Taktik der Angreifer drohte aufzugehen. Zur Angst vor den gewaltigen Heeren vor der Stadt kam nun auch der Hunger. Der Graben konnte nur zum Teil beruhigen, denn er war einerseits ungewohnt und andererseits wurde er immer wieder gefährlich attackiert. Bisher konnten alle Angreifer zurückgeschlagen werden, aber was wäre, wenn sie ihn doch noch überwinden würden? Die Heuchler ergriffen die Gelegenheit, die Kampfmoral in der Stadt zu schwächen und den nahenden Untergang heraufzubeschwören:

Als die Heuchler und die, in deren Herzen Krankheit war sagten: "Allah und Sein Gesandter haben uns nur Trug versprochen." Und als eine Gruppe von ihnen sagte: "Ihr Leute von Yathrib, ihr könnt hier nicht standhalten, darum kehrt zurück." (al-ahzab; 33; 12-13)

Banu Quraida werden doch vertragsbrüchig

Die Brenzligkeit der Lage wurde noch verschärft, als es dem großen Strategen dieses Feldzugs, Huyay bin Akhtab aus dem Stamm der Banu Nadhir, gelang, die Banu Quraida zu dem Entschluss zu bewegen, ihren Vertrag mit dem Propheten zu brechen und den Muslimen in den Rücken zu fallen. Für die Muslime war dies eine mörderische Entwicklung: Sie wären durch den Graben an der Flucht in den Norden gehindert, die Mekkaner und die Ghatafan könnten die Flanke wechseln und aus dem Süden in die Stadt einfallen – und ihr angestauter Hass ließe keine Barmherzigkeit erwarten.

Die Führung der Banu Quraida hatte sich zunächst standhaft gegen die Anstachelungen des Huyay gewehrt, aber schließlich waren auch sie der Verführung des sicheren und endgültigen Sieges erlegen. Sie begannen, ihre Spione in die Stadt zu schicken um Möglichkeiten des Einfalls zu erkunden. Der Prophet und sein engster Beraterkreis erfuhren schnell von dem Umkippen der Banu Quraida und versuchten sie umzustimmen. Aber sie waren sich des Sieges anscheinend so sicher, dass sie den Gesandten des Propheten nur mit Übermut und Häme begegneten: „Wir kennen keinen Gesandten Gottes. Wir wissen von keinem Vertrag!“

„Als eure Herzen in die Kehlen stiegen“

Inzwischen hatten die feindlichen Reiter den Graben an einer Stelle überwunden und versuchten nun immer wieder den endgültigen Durchbruch. Im Süden verfolgten die Angreifer zusammen mit den Banu Quraida den Plan, von dort her in die ungeschützte Stadt einzudringen. Die Muslime waren gezwungen, ihre Truppen aufteilen und einen Teil zum Schutz der Stadt vom Graben abziehen. Dadurch erhöhten sich die Einsatzzeiten der Verbliebenen. Hinzu kam, dass die Nahrungsvorräte zur Neige gingen und die Nächte windig und sehr kalt waren. Die Kämpfer waren erschöpft und Verzweiflung begann sich unter ihnen breit zu machen. Es waren die Tage, in denen laut Koran ihre

Blicke sich abkehrten und die Herzen in die Kehlen stiegen und ihr Gedanken fasstet wider Gott. Daselbst wurden die Gläubigen geprüft und von mächtigem Zittern ergriffen. (Sure al-ahzab, 23; 10-11)

Misstrauen

Die Rettung kam von völlig unerwarteter Seite. Ein Mann namens Na’im bin Mas’ud aus einem der Stämme der Ghatafan, der großes Vertrauen bei den Koraisch und bei den Juden der Banu Quraida genoss, war schon zuvor von der Botschaft des Propheten und von seiner besonderen Gemeinschaft beeindruckt gewesen. Diesmal schloss er den Glauben in sein Herz und sprach das islamische Glaubensbekenntnis. Bei den Götzendienern galt er jedoch noch als einer der Ihren, und so gelang es ihm, Misstrauen zwischen den Koraisch und den Banu Quraida zu säen. Die Banu Quraida hatten nun Angst, im Kampf mit den Muslimen allein stehen gelassen zu werden. Die Koraisch ihrerseits glaubten, die Banu Quraida seien wieder vertragstreu.

Gleichzeitig waren auch die feindlichen Krieger erschöpft und auch sie litten unter der Kälte der Nächte. Und Gott schickte nun nach einem Monat nervenaufreibender Belagerung Seine Hilfe: ein kalter und heftiger Sturm, der die Zelte der Koraisch abriss und ihre Kampfmoral endgültig zerstörte. Abu Sufian war der Erste, der auf sein Pferd stieg und die Rückreise antrat. Unabhängig von ihnen hatten auch die Ghatafan ihr Lager abgebrochen.

Das schlimme Ende der Banu Quraida

Banu Quraida blieben nun tatsächlich allein zurück und mussten sich für ihren schlimmen Verrat verantworten. Der Prophet befahl gleich nach dem Rückzug der Belagerer den Marsch zu ihrer Banu Quraida. Die Muslime belagerten sie fast einen Monat lang, bis sie sich bedingungslos ergeben mussten.
Der Prophet ließ ihrem Wunsch gemäß Sa’d ibn Mu’adh das Urteil über sie sprechen. Doch Sa’d verurteilte die Kämpfer alle zum Tode und ihre Frauen und Kinder zur Versklavung.


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